Ein Tag im Sommer: Auf der weitgehend gut asphaltierten Strecke rechts der A27 sind die Radfahrer im Blockland unterwegs. Bremen nennen das Blockland „Bremens ländlichen Stadtteil“. So ein Naturschutzgebiet gönnt sich kaum eine Großstadt. Zum Unbehagen der Rennradenthusiasten kommen auch immer wieder andere Menschen auf die Idee, die Straße neben der Weser für Spaziergänge zu nutzen.
Sommer, Sonne, Radfahren, Blockland.
Dazu gesellen sich dann auch noch trödelnde Cityräder, die nebeneinander die gesamte Breite der Straße belegen. Andersrum fürchten die Familienausflügler und Rentner im fast 30 km² großen Blockland die schnellen Rennräder. Mit knapp 40 km/h knallt der Chaot zwischen dem kinderwagenschiebenden Vater und den beiden wackeligen Kindern auf ihren Inlinern hindurch. Während dem Autofahrer vor 30 Minuten noch wegen zu engem überholen nachgeschrien wird, gelten für den Sportler jetzt eigene Regeln. So ändert sich die Wahrnehmung.
Platz genug für alle
Zu all dem sind da noch die Träumer. Die einen laufen trapsend wie in Trance aus einem der Biergarten quer über die Straße ohne nach links und rechts zu schauen. Die anderen nehmen ihr abgestelltes Rad und fahren ohne sich umzusehen Franz, Willi und Inge oder wie die alten Freunde heißen, blind hinterher.
Nicht zu vergessen ist die Kategorie Sportler, die zu dritt nebeneinander joggen und nicht einsehen, dass ein kurzer Sidestep bei Gegenverkehr alle zufriedener machen kann. Den Rennrädern wird nachgerufen, warum sie vor dem überholen nicht klingeln.
Auch hier fällt einem das Stichwort: Sichtweisen ein.
Es kommt nämlich nicht selten vor, dass die Jungs und Mädels auf den Rennern schon lange vor dem überholen „Moin“, „Achtung“ und „Vorsicht“ gerufen haben. Blockland. In voller Montur, mit Helm, Schutzbrillen und Trikots rauscht eine Equipe mit etwa zwanzig Rennrädern aus Richtung Kuhgrabenweg an und biegt im Tross an den Lehester Deich ein, ohne mit Blicken nach links oder rechts ihre Zeit zu verschwenden.
Das Bild, das der der Weser-Kurier 2012 gezeichnet hat, ist heute die absolute Ausnahme.
Alles in allem funktioniert das Miteinander im Blockland. Die meisten Radsportler umfahren die Strecke zur Primetime an sonnigen Wochenenden großräumig. Wenn es mal nicht anderes geht, wird mit Aufmerksamkeit und Rücksicht in die Pedale getreten. Autos im Blockland Egal ob Rennradfahrer, Großeltern auf E-Bikes oder der Hund an der endloslangen Stolperleine, die Autos sind die größte Gefahr im Blockland.
Nicht die direkten Anwohner sind das Ärgernis, sondern die Abkürzer und Verfahrer. Da ist die Mutter mit zwei quengelnden Kinder auf der Rücksitzbank. Kurz zuvor hat sie den Abbiegenachweis von ihrem Navi überhört. Jetzt muss sie ihr Auto zwischen den Familien, entgegenkommenden Radfahrern und den wackeligen Inlinern hindurchmanövrieren. Die Radfahrer dahinter stauen sich und finden es nicht angenehm, wenn sie Wischwasser durch ihre falsch eingestellten Düsen über das Auto nach hinten spritzt.
Sie hat aber noch Glück, weil es 15 Uhr und und nicht Mittwochabend ist. Da nutzen einige die eher schmale Straße als Abkürzung um nach der Arbeit schneller nachhause zu kommen. Weil das Essen gleich auf dem Tisch steht und man extra die richtige Straße umfahren hat, will man natürlich jetzt keine Zeit verlieren. Die fünf jugendlichen Radfahrer vor ihm machen ihm aber unbewusst einen Stich durch die Rechnung. Weil es im Blockland einige nicht für den rasanten Autoverkehr gebaute und uneinsehbare Kurven gibt, wird die Überholaktion ein Russisches Roulette.
Petition autofreies Blockland
Bei all dem ist es verwunderlich, dass seit Januar wieder geprüft wird, ob die Straßen offiziell für den Verkehr freigegeben werden sollen. Seit mehr als 40 Jahren ist das Blockland ja Landschaftsschutzgebiet.
Mitte Dezember war im Weser-Kurier noch das hier zu lesen: FREIE FAHRT ÜBER DEN DEICH
Lange wurde über das Pro und Contra um die Öffnung der Deiche für den Autoverkehr gestritten. Jetzt gibt es eine einvernehmliche Lösung im Blockland. Freie Fahrt für alle über den Deich? Fast!
Nun macht eine Petition an die Bremer Bürgerschaft Front gegen das Vorhaben. Der bzw. die Organisatoren führen nicht ganz ohne Grund an, dass die der Beobachtungszeitraum Januar kein reales Bild zeichnet. Mögliche Probleme zwischen den einzelnen Verkehrsteilnehmern sind im Winter nicht existent, da bei Regen und Kälte das Blockland nicht wirklich zur Erholung genutzt wird. Zudem wird dargelegt, dass weder die ansässigen Landwirtschaftsbetriebe noch die Außengastronomie Interesse an lärmenden Autos haben.
Die Petition ist auf der Website der Bürgerschaft.
Quelle Titelfoto und Video: https://www.bremen.de/leben-in-bremen/wohnen/stadtteile/blockland Zur besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Alle Formulierungen sprechen gleichermaßen alle Geschlechter an.