Zelt für Bikepacking: Hilleberg Test und Erfahrung

Für mich bedeutet Freiheit beim Radeln vor allem eines: flexibel zu sein. Schauen, wie weit man an einem Tag kommt. Vielleicht einfach bleiben, wenn ein Ort zu schön ist. Oder einen Tag aussitzen, wenn das Wetter nicht mitspielt. Genau diese Vielseitigkeit mag ich so sehr an längeren Touren und ein Zelt für Bikepacking eröffnet dafür die größten Möglichkeiten.

Natürlich gibt es in Deutschland Regeln, was das Zelten angeht. Einfach irgendwo im Nirgendwo das Zelt aufschlagen? Schwierig. In anderen Ländern, gerade in Skandinavien, sieht das ganz anders aus. Dafür hat Deutschland einen unbestreitbaren Vorteil: warme Duschen am Abend auf Campingplätzen. Auch nicht zu unterschätzen.

Gewicht, Packmaß und Realität

Wenn man bikepackingmäßig unterwegs ist, zählt jedes Gramm. Viele klassische Zelte sind mit ihren 3 bis 4 kg einfach zu schwer. Und das Packmaß frisst locker den halben Lenker. Ich wollte etwas leichtes, kompaktes und ohne das Gefühl, mich am Ende in eine enge Plastiktüte legen zu müssen.

In Foren und Videos stolpert man über alles Mögliche: ultraleichte Konstruktionen, fragwürdige Billigmodelle, widersprüchliche Erfahrungen. Doch ein Zelt hat mich in der Vergangenheit nachhaltig beeindruckt: ein Hilleberg, das ein Reisepartner auf unserer Tour nach Wien dabeihatte. Sehr geräumig, null Engegefühl, tolles Handling. Leider weiß ich nicht mehr, welches Modell es war – aber im Kopf hängen geblieben ist es trotzdem.

Da ich nächstes Jahr mehrere Wochen unterwegs sein möchte und ungern auf Unterkünfte angewiesen bin (und sowieso am liebsten draußen schlafe), stand für mich fest: Es wird ein Bikepacking Zelt, ein leichtes Zelt.

Warum Hilleberg?

Hilleberg ist in der Zeltwelt kein kleiner Name. Die schwedische Marke arbeitet mit Farblabels, die anzeigen, wofür ein Zelt gedacht ist – von ultrastabil (schwarz) bis ultraleicht (gelb).

Für meine Bikepackingpläne wurde mir das Helags 2 empfohlen – ein Zelt für zwei Personen mit gelbem Label, optimiert für wärmere Regionen, extrem leicht (2,1 kg) und einfach im Handling. Dass es inzwischen nicht mehr warm war, hielt mich nicht davon ab, es noch dieses Jahr zu testen.

Als das Paket aus Schweden kam, war ich überrascht: Ich hatte es mir tatsächlich kleiner vorgestellt. Der Packsack ist recht locker, da geht definitiv noch was – vielleicht mit Zurrgurten wie an meiner Biwaksacktasche. Trotzdem: die Vorfreude war groß.

Beim Radeln musste Peppa den Platz der Ladefläche von meinem Gravel-Lastenrad nun mit dem Zelt teilen, ohne große Wiederworte rückte sie zur Seite und los ging es. Als es Peppa dann doch auf Dauer etwas zu eng wurde, tauschten wir und das Zelt befestigten wir mit einem noch spontan eingepackten Zurrgurt oberhalb der Gepäckträgertaschen von meinem Reisepartner. Wow, da lässt sich wirklich noch einiges zusammen ziehen. Etwas unförmig ging unsere Reise weiter. Kreativität wird wohl gefragt sein, wenn das Rad noch mehr bepackt ist.

Testland: Dänemark

Da die meisten deutschen Campingplätze für Zelte im November geschlossen haben, ging es für meinen Reisepartner, mich und Peppa kurzerhand nach Dänemark. Dort darf man an vielen Shelter- und Naturplätzen, die extra hierfür vorgesehen sind ganzjährig zelten und Feuer machen. Ernsthaft, warum gibt es sowas nicht in Deutschland?

Wir blieben nah an der deutschen Grenze und suchten uns einen Platz zwischen Bäumen – leicht geschützt, aber der Wind war trotzdem gut zu hören.

Vorab hatte ich das Zelt kein einziges Mal aufgebaut. Das musste also jetzt funktionieren. Eilig noch mal zu Hause geschaut: Heringe da? Ja!

Aufbau im letzten Licht

Als wir begannen, dämmerte es bereits. Zeit war knapp, aber der Aufbau war überraschend unkompliziert. Außen- und Innenzelt sind bereits miteinander verbunden, also nur ausrollen, vier Ecken abspannen, die drei Stangen durch die Laschen schieben und in die Kunststofffüße setzen – fertig. Mit Übung geht das in wenigen Minuten und wer schonmal ein Zelt aufgebaut hat, braucht nicht unbedingt die Aufbauanleitung. Auch die Schnurspanner lassen sich ohne nerviges Gefummel und Gezurre ziemlich leicht einstellen. Das habe ich auch schon einmal anders erlebt.

Besonders praktisch: Die äußere Hülle lässt sich auch solo als Tarp nutzen. Der feste, bereits integrierte Boden des Innenzeltes gefiel mir ebenfalls deutlich besser als bei Modellen, bei denen man eine Bodenplane extra kaufen muss.

Die beiden Absieden bieten richtig viel Stauraum. Ein Fahrrad passt nicht rein, aber Taschen, Schuhe und Kleinkram verschwinden problemlos im Trockenen.

Ich mag außerdem, dass man von hinten ins Zelt steigt. Kein über jemanden drüber klettern – so simpel, so gut.

Inside: Gemütlicher als gedacht

Im Inneren entdeckte ich direkt die kleine gespannte Leine unter der Decke – perfekt für eine Lampe. Vier kleine Seitentaschen helfen dabei, Ordnung zu halten (etwas, worin ich nicht gerade Weltmeisterin bin).

Unser Bett war schnell eingerichtet: Isomatten aufpumpen, Schlafsäcke ausbreiten, Kleinkram verstauen. Peppa lag wie immer zwischen uns – schmal gebaut, kurzes Fell, perfekte kleine Zeltmitbewohnerin, aber auch zwei breite Isomatten hätten Platz.

Das Innenraumgefühl ist sehr angenehm. Lang, aber schmal – ich mag das total. Und trotz des ultradünnen, fast stretchigen Außenstoffs wirkt alles robust. Wie so ein dünnes Material komplett wasserdicht sein kann, frage ich mich bis heute.

Sinnvoll ist auch, dass das Innenzelt nicht direkt unter den Eingängen positioniert ist, so dass die Schlafsachen trocken bleiben, wenn man den Reißverschluss öffnet, um raus zu gehen und es gerade regnet. Die Reißverschlüsse sind mit einer extra Lasche versehen aus einem LKW-Planen ähnlichen Stoff. Lang genug, um auch starken Regen stand zu halten.

Kartoffeln im Feuer, Marshmallows und Wind

Den Abend verbrachten wir am Lagerfeuer. Kartoffeln im Feuer, Marshmallows rösten – genau die Art von Gemütlichkeit, die ich so liebe. Gleichzeitig merkte ich, wie der Wind zwischen den Bäumen rauschte. Ich war etwas skeptisch, ob er durch die Bodenschlitze in den Absieden zieht.

Da wir im Dämmerungsstress nicht quer zum Wind aufgebaut hatten, stopfte ich vor dem Schlafengehen noch schnell Blätter in den Spalt zwischen Boden und Außenzelt – improvisierter Windschutz deluxe. Am Ende merkte ich jedoch nichts davon, wahrscheinlich auch dank Biwaksack über meinem Schlafsack, der ein paar Grad extra bringt.

Die Nacht im Zelt

Gegen 5 °C draußen, im Zelt deutlich wärmer. Null Feuchtigkeit innen, kein Tau, kein klammes Gefühl und eine wirklich gute Luftzirkulation ließen uns ganz gut schlafen. Ich mag das. Die Außenhaut war von innen feucht – logisch bei feuchtem Waldboden und November.

Hilleberg empfiehlt, Zelte nach Touren zu trocknen und zu reinigen. Nähte selbst versiegeln? Braucht man bei Hilleberg nicht – die werkseitige Verarbeitung übernimmt das.

Morgens: Sonnenaufgang und Café

Ich liebe Sonnenaufgänge. Meistens zieht es mich recht schnell raus. Dieses Mal hatte das Zelt für ein paar Minuten gewonnen und ich blieb gerne noch etwas liegen.

Peppa streckte sich, wollte gekrault werden und musste dann doch raus. Also warm einpacken und raus in den kalten Morgen.

Das Zelt hatte den Wind super verkraftet – nichts verrutscht, nichts verzogen. Bei richtig heftigem Sturm? Da bevorzuge ich ganz klar eine feste Unterkunft, aber das hier fühlte sich solide an.

Der Sonnenaufgang tauchte alles in richtig schönes Licht. Das war einer der Momente bei denen man merkt, warum man all das überhaupt macht.

Während der Kaffee kochte und das Müsli warm wurde, trocknete das Außenzelt rasch ab. Der Stoff ist unfassbar schnell trocken, wirklich beeindruckend. Auch die Wassersäule der Außenhülle von 5000 und 15000 der Bodenplane kann sich sehen lassen!

Abbau

Der Abbau war genauso easy wie der Aufbau: Abspannen, Stangen raus, Heringe sammeln, ausschütteln, abklopfen, einrollen, einpacken. In wenigen Minuten erledigt. So stellt man sich ein Zelt für Bikepacking vor. Und weiter ging unsere Reise.

Hilleberg Test und Erfahrung

Das Helags hat mich ehrlich überrascht. Es ist leicht, schnell aufgebaut, stabiler als erwartet und bietet enorm viel Platz für zwei Personen plus Hund. Klar, Packmaß und Gewicht sind nicht absolutes High-End-Ultralight – aber alles darunter würde vermutlich bedeuten, auf Komfort oder Raum zu verzichten. Und das möchte ich nicht.

Für mein Gefühl ist es ein Zelt, dem ich meine Tour nächstes Jahr anvertrauen würde. Ich fühle mich sicher, warm und gut geschützt – und genau darum geht’s für mich. Dazu macht der Aufbau Spaß, das Material wirkt hochwertig und die Raumaufteilung ist einfach clever.

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