Bremen-Brocken-Bremen. 510 Kilometer Radmarathon. 24 Stunden Zeit. Ein Erfahrungsbericht von Robert.
Vorbereitung
Als ich Anfang Juni das erste mal von Bremen-Brocken-Bremen las, war ich sofort davon angetan, einmal über 500km am Stück zu fahren. Gerade jetzt, wo alle anderen Saisonziele abgesagt wurden, bot diese Veranstaltung noch einmal einen extra Schub Motivation das Training nicht schleifen zu lassen, auch wenn ich dieses Jahr komischerweise gar keine extra Motivation gebraucht hätte.
Meine bisher längste Distanz fuhr ich letztes Jahr bei Burning Roads. Dort waren es ca. 330 Kilometer mit etwas über 3000 Höhenmetern. Das ganze fand bei bestem Wetter in kleinen Gruppen statt und war insbesondere von der Verpflegung bestens organisiert.
Für die Verpflegung bei Bremen-Brocken-Bremen muss aber selbst gesorgt werden und für mich stand relativ schnell fest, dass ich die Strecke alleine bewältigen wollte. Das stellt einerseits eine vollkommen andere psychische Belastung dar, befreit allerdings auch von sämtlichen Zwängen, die eine Gruppenfahrt so an sich hat: Man kann sein eigenes Tempo wählen, die Pausen frei einteilen und ist bei vielen Entscheidungen viel flexibler.
Um nicht ganz blauäugig zu starten und halbwegs zu wissen, was auf mich zukommt, habe ich zufällig einige Tage bevor ich von Bremen-Brocken-Bremen erfuhr, eine kleine Tagestour von Bremen nach Lüneburg und zurück gemacht. Das waren ca. 270km in unter 9 Stunden nach denen ich mich noch recht fit fühlte. Das gab also im Vorfeld schonmal ein gewisses Maß an Sicherheit, dass auch 510km machbar wären.
Bremen-Brocken-Bremen in 18 Stunden
Bei fast der doppelten Distanz kommen allerdings noch einige Punkte hinzu, die im Vorfeld beachtet werden wollen.
Bei einer geschätzten netto Fahrzeit von etwas über 18 Stunden war klar, dass ich inklusive Pausen zumindest einige wenige Stunden im dunkeln fahren müsste. Die geplante Bruttofahrzeit, die ich naiverweise auf ca. 20 Stunden schätzte, stellte sich nach den ersten Ergebnissen, die im Juni auf der Webseite von Bremen-Brocken-Bremen verfügbar waren, schnell als zu optimistisch heraus.
Ich hielt es für die beste Idee die Nacht-Phase gleich auf den Anfang der Fahrt zu legen und daher möglichst früh zu starten. Ein Start morgens um 5 hätte bedeutet, dass ich selbst mit meiner optimistischen Zeitplanung erst gegen 1 Uhr nachts zurück in Bremen bin. Sich gegen Ende einer solchen Fahrt noch 2 Stunden durch die Dunkelheit zu quälen, erschien mir nicht optimal.
Ein Start gegen 2 Uhr morgens vom Weserwehr war daher unausweichlich, auch wenn das deutlich vor meiner üblichen Aufsteh-Zeit liegt.
Da man nicht den ganzen Tag nur von Riegeln und Gels leben kann bzw. mir die Dinger bereits nach einigen Stunden zum Hals raus hängen, mussten feste Pausen mit “ordentlichem” Essen her. Bereits bei meiner Fahrt nach Lüneburg war die Mittagspause bei meiner Schwester mit einem leckeren Mittagessen einerseits Motivation für den Hinweg, andererseits aber auch ein guter Energielieferant für den Rückweg.
Also entschied ich mich bereits im Vorfeld nach ca. der Hälfte des Hinwegs bei ca. 130 Kilometern eine etwas längere Frühstückspause einzulegen. Die zweite sollte es dann bei Wernigerode geben. Für den Rückweg war auch ein Stop in Wernigerode und nach weiteren ca. 120km geplant. Da ich aber nicht genau einschätzen konnte, wie mein Körper nach einer solchen Belastung auf feste Nahrung reagiert, waren besonders die letzten beiden längeren Pausen vorerst reine Theorie.
Der dritte entscheidende Punkt bei einer solch langen Tour war für mich das Wetter. Ursprünglich hatte ich den Start für den 11.07. geplant, sah dann aber kurz vorher, dass das Wochenende danach noch bessere Bedingungen bot und verschob den Termin kurzerhand, was für die Aufregung vor einer solchen Herausforderung nicht gerade förderlich war.
Das Rad bereitete ich bereits am Donnerstag vor um freitags möglichst entspannt und ruhigen Gewissens früh ins Bett zu kommen, was aber nicht wirklich klappte.
Neben einem generellen Materialcheck, der Verkabelung von Powerbank und Garmin und dem Anbringen von Beleuchtung, hatte ich mir extra eine 10 Liter Satteltasche besorgt. 2 Ersatzschläuche, 1 Reifen, CO2 Kartuschen, Reifenheber sowie ein Ersatztrikot und ein wärmendes Funktionsunterhemd sowie die Hälfte meiner geplanten Riegel und Gels wurden darin verstaut. Den Großteil davon brauchte ich während der Fahrt zum Glück nicht, allerdings lässt sich eine solche Satteltasche nur schwer befestigen, wenn sie nicht mindestens zu einem Drittel befüllt ist. Außerdem brauchte ich noch weiteren Stauraum für Armlinge, Beinlinge und Weste, wenn ich diese bei steigenden Temperaturen nicht mehr benötige.
Start
Die Nacht von Freitag auf Samstag war dann sehr kurz. Um pünktlich gegen 2 Uhr am Wehr zu sein, sollte der Wecker um 00:30 Uhr klingeln. Nachdem ich das erste mal um 18 Uhr im Bett war und nach bereits einer Stunden leichten Schlafs wieder hellwach, schaffte ich es nochmal von 22:00 bis 00:30 Uhr zu schlafen.
Einen Kaffee, eine warme Dusche zum wachwerden und einem Müsli später ging es dann gegen 01:30 Uhr von zu Hause los. Für eine Freitag-Nacht war Bremen Corona-bedingt recht ruhig.
Um 01:52 Uhr ging es dann am Weserwehr vorbei in die dunkle Nacht. Einige Leute, die wohl auf dem Heimweg waren, kamen mir noch auf dem Deich entgegen. Danach wurde es dann recht einsam und dunkel.
Aufgrund der Dunkelheit war das Tempo eher niedrig. Ich bin nicht allzu häufig im Süden und mied die Straße, da ich auf unangenehme Begegnungen mit Autofahrern mitten in der Nacht verzichten wollte. Allerdings sind die Radwege dort meist auch nicht im optimalen Zustand und biegen manchmal recht plötzlich in die ein oder andere Richtung ab. Es war also volle Konzentration gefragt, was sicher gut gegen die nächtliche Müdigkeit half.
Und so rolle ich die ersten ca. 45 Kilometer durch die Nacht, bis plötzlich bei einer kleinen Unebenheit mitten im Nirgendwo etwas laut knallte und mein Hinterrad blockierte. Im ersten Moment ging ich davon aus, dass bereits hier die Tour beendet war, hoffte dann aber, nur einen Platten zu haben. Diesen in der Dunkelheit zu reparieren, hätte allerdings gleich zu Anfang einiges an Nerven gekostet.
Zu meiner Überraschung war das Hinterrad allerdings völlig in Ordnung. Wie sich dann kurz darauf herausstellte, baumelte das USB-Kabel welches vom Garmin zur Powerbank hinten auf der Satteltasche lief, herunter. Dieses hatte ich noch nicht an die Powerbank angeschlossen sondern lediglich hinter die Schnüre der Satteltasche geklemmt. Durch die Vibration schien sich das Kabel gelockert zu haben und verfing sich vermutlich zwischen Bremse und Lauffläche des Hinterrads. Der USB-Stecker hatte ordentlich was abbekommen. So war ein großer Teil der Isolierung beschädigt und der Stecker selbst nicht mehr ganz rechteckig. Wie sich dann aber zu meinem Glück herausstellte, passte dieser noch in die Powerbank und lud den Garmin auch auf. So ging es dann nach einem kurzen Schrecken nach wenigen Minuten weiter.
Bereits kurz darauf dämmerte der Himmel und mir, dass bereits die erste Schwierigkeit der Tour hinter mir lag. Der Sonnenaufgang mitten in der Pampa, vollkommen Autofreie Straßen und der idyllische Nebel auf den Feldern machten die weiteren 2-3 Stunden sehr angenehm und die Zeit verging im Flug. In einigen Dörfern roch es schon angenehm nach frischen Brötchen doch die meisten Bäcker öffneten erst ab 7 Uhr. So musste ich ca 130 Kilometer bis Burgdorf durchhalten, wo ich meine erste längere Pause einlegte. Die nette Bäckereifachverkäuferin machte extra für mich ein belegtes Brötchen obwohl es “die eigentlich erst später gibt” und servierte Kaffee und Croissant dazu.
Wieder auf dem Rad machte sich kurz nach der Pause mein linkes Knie bemerkbar. Mit diesem habe ich schon das ganze Jahr Probleme bei Fahrten über 4 Stunden. Kurz darauf zog es dann einmal so heftig, dass ich kurz an den Weg zum nächsten Bahnhof dachte. Nach etwas Herumdrücken an Oberschenkel und Kniescheibe und dem Wechsel in kurz/kurz verschwanden die Schmerzen aber genau so schnell wie sie gekommen waren.
Was folgte, waren die Ortsdurchfahrten durch Peine, was noch hässlicher ist, als der Name vermuten lässt, durch Salzgitter, wo jede verdammte Ampel rot war und Salzgitter-Bad was gefühlt nur aus mehrspurigen Schnellstraßen bestand. Diese 30-40 Kilometer kann man sich getrost schenken und stattdessen die von Maik gewählte etwas längere Variante mit mehr Höhenmetern fahren.
Nach Salzgitter-Bad war es dann auch mit dem norddeutschen Flachland (auf den ersten 90 Kilometern standen ca. 60 Höhenmeter auf dem Tacho) vorbei. Es ging ständig bei 1-2%, ab und zu auch mal etwas steiler, und leichtem Gegenwind rauf und runter. Dies und die Temperaturen von mittlerweile 25°C waren dann doch schon ein wenig ermüdend. So war ich recht froh, dass ich kurz vor Wernigerode endlich eine Tankstelle fand, mich mit Bockwurst und Brötchen versorgte, sowie meine fast erschöpften Wasservorräte auffüllen konnte. Nach einem kurzen Plausch mit einem Motorrad-Fahrer über mein Vorhaben sollte es dann weiter hinauf zum Brocken gehen.
Hier sah ich auch Maik vom RCB das erste Mal. Dieser hatte die Tour bereits vor einigen Wochen in einer sagenhaften Zeit von 16:49:09 brutto gemeistert, wurde jedoch einige Tage zuvor von einem Trio um gerade mal 2 Minuten und 25 Sekunden unterboten. War er hier um nochmal nachzulegen oder verbrachte er lediglich ein Wochenende im Harz und kam zufällig auch hier vorbei?
Ihm nachzueilen machte wenig Sinn. Mein Rad war auf Grund der Satteltasche und voller Trinkflaschen sowieso nicht unbedingt leicht und ich nicht gerade eine Bergziege sondern eher das komplette Gegenteil davon.
Also ging es gemütlich durch Wernigerode und kurz darauf die L100 Richtung Schierke.
Halbzeit am Brocken
Ich bin in meinem Leben noch nicht all zu viel Berge/Pässe gefahren. Die Straße von Wernigerode hinauf zum Brocken zählt allerdings zu den wohl unschönsten Anstiegen die man fahren kann. Die Steigung ist mit 5-7% bis Schierke und einigen Abfahren dazwischen recht moderat. Aber der ständige Verkehr, der an einem vorbei zieht, ist schon sehr nervig und die Landschaft ist alles andere als schön.
Ab Schierke ist die Strecke hoch zum Brocken dann für private Autos gesperrt, sodass man ab hier nur noch auf Wanderer und vereinzelte Pferdewagen trifft. Und auf Maik. Der war bereits in der Abfahrt vom Brocken und mir wurde dann klar: Der ist so bekloppt und fährt das nochmal. Für mehr als einen kurzen Gruß war daher auch keine Zeit.
Bis ca. 2 Kilometer vor dem Gipfel ist auch dieser zweite Teil des Anstiegs vom Profil her sehr moderat. Dann allerdings wird es mit ca. 13% schlagartig steiler und auch das Verhalten der Wanderer ändert sich. Diese treten plötzlich in riesigen Gruppen auf, die die komplette Straßenbreite nutzen und nur auf dem oberen Teil des Berges auf und ab zu wandern scheinen. Ich vermute, dass ein Großteil von ihnen mit der Schmalspurbahn nach oben fährt, ein wenig umher irrt, ein paar alkoholische Getränke zu sich nimmt und Erinnerungsfotos von der Brocken-Besteigung schießt um kurz darauf mit der Bahn wieder hinunter zu fahren.
Eben jene Wanderer waren es auch, die dann eine Schlange von mind. 40 Personen vor dem Stein mit der Höhenangabe auf dem Gipfel gebildet haben. Oben angekommen habe ich daher lediglich ein paar Fotos vom Ausblick geschossen und mich durch die Menschenmassen wieder runter gequält.
Landschaftlich erinnert der obere Teil des Brocken durch die vielen entwurzelten Bäume, die es merkwürdigerweise in einem ca. 10 Meter breiten Streifen zu beiden Seiten der Straße gibt, eher an eine Apokalypse als an Bergpanorama. Auch auf diesem Teil kann der Brocken daher für mich nicht punkten.
Rückweg nach Bremen
Zurück nach Bremen ging es dann über exakt die gleiche Strecke. Der Schlenker über das Torfhaus war auf Grund der zusätzlichen Höhenmeter nicht so attraktiv und bei dieser Distanz sieht die Umgebung auf Grund der fortschreitenden Tageszeit auch meist ganz anders aus als bei der Hinfahrt.
Nach einer rasanten Abfahrt mit 3 weiteren Rennradfahrern im Schlepptau und einem Kamikaze Überholmanöver eines verrückten Holländers auf einem Motorrad war ich nach kurzer Zeit wieder unten in Wernigerode.
Dort gab es dann ein Malzbier und zwei Bifi-Roll (esse ich sonst nicht, schienen mir von den Nährwertangaben aber nicht die schlechteste Wahl) als Nachmittagssnack. Mit erneut vollen Trinkflaschen ging es dann auf den mental schwersten Teil der Strecke. Ich hatte mir 2 GPX-Dateien erstellt: Eine für die Hin- und eine für die Rückfahrt. Das beschleunigt die Ladezeit der Strecke auf dem Garmin dann doch erheblich.
Ab Wernigerode zeigte der Garmin also an, dass noch 230km zu fahren waren. Und die zogen sich. Insbesondere im Bereich von 230-200 zu fahrenden Kilometern. Durch das ständige Auf und Ab und die hohen Temperaturen hatte ich zwischenzeitlich das Gefühl, dass die verbleibende Distanz nicht weniger werden wollte.
Eine gefühlte Ewigkeit später fand ich mich in der Betonwüste von Salzgitter bis Peine wieder. Mein bisheriger Distanzrekord war eingestellt. Es waren also nur noch 180 Kilometer zu fahren. Also gerade mal so viel wie die meist längste Variante einer RTF. Kein Problem also. Mit 330 Kilometern in den Beinen dann aber doch schon eine Distanz, die eine mentale Herausforderung darstellt. Es war aber noch einige Stunden hell und auch körperlich fühlte ich mich noch gut. Hier abzubrechen war sowieso keine Option. Wenn man sich nach über 250 Kilometern schon den Brocken hoch quält, wird man doch noch ein paar Stunden im Flachland fahren können oder? Also ging ich optimistisch auf das letzte Drittel der Strecke.
Auf Riegel hatte ich mittlerweile keine Lust mehr, für alles andere war es aber auch irgendwie zu warm. Kohlenhydrataufnahme musste aber sein, sonst schwindet mit der körperlichen Energie auch noch die Motivation. Also gabs an der nächsten Tankstelle nochmal eine Cliffbar mit Spezi.
Langsam wurde mir auch klar, dass ich es wohl nicht mehr ganz im hellen nach Hause schaffen würde. Ich wollte eigentlich unbedingt vermeiden in die zweite Nacht rein zu fahren. Ich konnte mir nicht vorstellen die Motivation aufrecht zu halten, wenn es erneut dunkel wird. Und auch die Konzentration würde nach über 20 Stunden wach sein wohl leiden.
Mit noch 150 verbleibenden Kilometern wäre bei einem 30er Schnitt eine Ankunft gegen 23:30 Uhr realistisch, allerdings nur, wenn ich die weiteren Pausen auf ein Minimum beschränke. Damit würde ich dann recht deutlich unter 22 Stunden Gesamtfahrzeit bleiben und auch wenn es nicht geplant war, eine recht ordentliche Platzierung in der Gesamtwertung einfahren.
Auf lange Pausen hatte ich sowieso keine Lust mehr sondern wollte nur noch möglichst schnell am Weserwehr sein.
Es gab dann noch zwei weitere kurze Stops in Sievershagen und Schwarmstedt um sicher zu gehen, dass ich genügend Flüssigkeit dabei habe. Anschließend wollte ich durchziehen und maximal noch 2 kurze Pausen von 1-2 Minuten einlegen um Gels zu nehmen oder andere Bedürfnisse zu erledigen.
Zwischen Rethem und Verden wurde es dann langsam schon so dunkel, dass es spätestens jetzt Zeit wurde, das Licht einzuschalten. Meine Busch und Müller Ixion IQ Premium hat 2 Leuchtmodi. Einen High-Power-Modus mit 5 Stunden Leuchtdauer und einen Low-Power-Modus mit 20 Stunden Leuchtdauer. Sobald die Akkus nicht mehr genug Saft für den High-Power-Modus haben, schalten sie automatisch auf den Low-Power-Modus um. Die Lampe hat dann laut Hersteller noch Strom für ca. 1 Stunde im Low-Power-Modus.
Kurz vor Verden als ich unbeabsichtigt in den High-Power-Modus wechselte, schaltete die Lampe sofort zurück. Das war kein gutes Zeichen. Ich habe noch nie getestet, wie lange die Lampe dann tatsächlich noch durchhält. Allerdings hatte ich noch über 45 Kilometer und somit 1,5 Stunden Fahrzeit vor mir. Langsam wurde es so dunkel, dass ich sowieso am liebsten nur mit maximaler Beleuchtung gefahren wäre.
Es blieben also 2 Optionen:
1. In Verden eine Tankstelle suchen und ggf. 15 Minuten Zeit verlieren
2. So viel Akku sparen wie möglich, um für die letzten Kilometer, wenn es stockfinster ist, noch etwas Licht zu haben
Ich entschied mich dummerweise für Variante 2, weil ich nur noch die Gesamtzeit im Kopf hatte, was ich keine 10 Minuten später bereute. An Verden war ich bereits vorbei und Umdrehen war eine zeitlich gesehen noch blödere Idee.
Also ging es mit ausgeschaltetem Vorderlicht bei fast vollständiger Dunkelheit über die Radwege zwischen Verden und Morsum. Das wurde dann aber immer heikler, auch weil die Radwege auf diesem Stück nicht im besten Zustand sind. Wenn ich jetzt ein Schlagloch übersehe und einen Platten habe oder gar im Gebüsch lande, wäre die Fahrt womöglich auf den letzten Metern frühzeitig beendet.
Was also tun?
Jetzt Licht anschalten und später auf der Landstraße zwischen Werder und Ahausen mit ganz leeren Akkus dastehen? Keine gute Idee.
Handylicht? Leuchtet gerade mal 2 Meter weit.
Tankstellen? Gibt es bis Bremen auf diesem Stück nicht.Zum Glück tauchte kurze Zeit später das chinesische Restaurant in Blender auf und hatte sogar noch geöffnet. So ein Restaurant hat doch sicher Batterien für das ein oder andere Gerät oder? Leider konnten mir die Mitarbeiter nur noch 2 Batterien aus ihrer Winkekatze geben, ich brauchte aber 4. Vielleicht war das aber besser als gar nichts und würde mir im Fall der Fälle den Allerwertesten retten. So zog ich mit 2 geschenkten Batterien weiter.
Kurz darauf kam ich dann an Döhlings Gasthaus in Morsum vorbei. Auch hier brannte noch Licht. Der nette Herr von der Rezeption war sofort hilfsbereit und schenkte mir 4 nagelneue Batterien. Ich war ihm unglaublich dankbar. Die letzten Meter konnte ich also entspannt angehen. Insgesamt kostete mich das Beleuchtungsintermezzo aber 15 Minuten, die ich durch einen kleinen Schlenker über Verden wohl auch benötigt hätte, dann aber mit deutlich weniger Stress. Beim nächsten Mal nehme ich einfach zur Sicherheit ein paar Ersatzakkus mit, auch wenn ich diese dann 500 Kilometer umsonst mit mir rum schleppe.
Die letzten Kilometer waren dann recht unspektakulär. Vorbei an einigen Nachtschwärmern rollte ich kurze Zeit später gegen 23:55 Uhr mit einer Gesamtzeit von 22:03 Stunden über das Wehr. Den vorläufigen 4. Platz vor Dominik vom RCB habe ich damit knapp verpasst. Aber das habe ich mir wegen der Beleuchtungsproblematik wohl selbst eingebrockt. Und eigentlich ist es auch egal. Die Herausforderung 500 Kilometer am Stück zu fahren, habe ich gemeistert.
Vielen Dank an Jannis und Karl für diese verrückte Idee. Selbst wäre ich nicht darauf gekommen, dass man an einem Tag von Bremen zum Brocken und zurück fahren kann.
Benötigt wurden: 3 Cliffbar, 3 Corny Müsli Riegel, 7 Gels, 3 Bifi Roll, 1 Bulettenbrötchen, 1 Croissant, 1 Bockwurst mit Brötchen und 1 Kartoffelbrötchen. Als Flüssigkeit gab es unzählige Liter Wasser, Apfelschorle, Cola, Spezi, Vitamalz und Schokomilch.