In Rennrad Podcasts wurde der Wahoo Ace wegen Größe und Gewicht belächelt: „Dog of a computer“, „Ziegelstein“. Als ich das Gerät erhielt war ich also voreingenommen, verspürte zunächst Unlust, ihn zu testen. Aber als ich ihn dann am Rennrad-Lenker hatte, passierte etwas Unerwartetes. Und jetzt bin ich ein großer Fan. Von dieser Entwicklung will ich hier berichten.
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Was kann das Flaggschiff Wahoo Ace?
Der im Dezember 2024 gelaunchte Ace ist als Gerät gänzlich neu, es gibt keinen Vorgänger wie beim Bolt oder dem Roam. Aber er basiert auf derselben technologischen Plattform wie die aktuelle dritte Generation der Geräte von Wahoo. Ich habe in einem eigenen Artikel beschrieben, was diese neue Generation der Wahoo-Radcomputer ausmacht, nachlesen könnt ihr das hier im Test des Roam 3.
Blickt man auf den stolzen Preis von 599 EUR des Wahoo Ace und auf seine schiere Größe, dann liegt die Vermutung nahe, dass man es mit dem Flaggschiff des amerikanischen Herstellers zu tun hat. Was kann denn so ein Flaggschiff gegenüber seinen kleineren Geschwistern Roam und Bolt aus demselben Hause?

Der Windsensor des Wahoo Ace
Da wäre einmal dieses Alleinstellungsmerkmal. Eine kleine Öffnung vorne am Gehäuse des Ace ermöglicht die Messung der Windgeschwindigkeit über einen Drucksensor. Damit hat man also im Blick, ob man Gegenwind oder Rückenwind hat. Ok, für jeden Rennradfahrer ist das eine Selbstverständlichkeit, da man das sehr deutlich am eigenen Leib spürt. Die Anzeige der Windgeschwindigkeit gibt lediglich noch Aufschluss darüber, wie groß der Unterschied zwischen Wind- und Fahrgeschwindigkeit ist. Am Ende der Fahrt gibt es zudem in der Statistik eine zusammenfassende Auswertung, wie viel man in welchem Wind gefahren ist.

Kleines Überraschungsmoment für mich nach einer Gruppenfahrt: an dem Tag hatten wir fast permanent ordentlichen Gegenwind. In der Auswertung des Ace war ich aber kaum im Gegenwind gefahren. Ich hatte wohl viel Windschatten durch die Gruppe, so meine Schlussfolgerung. Man kann also die Windgeschwindigkeitsmessung nutzen, um zu überprüfen, ob man gut im Windschatten der Gruppe fährt. Aber das ist eben nichts, was ein erfahrener Rennradler auch ohne eine Messung intuitiv richtig macht.

Die Windgeschwindigkeitsmessung ist nicht präzise, wenn der Wind seitlich kommt. Zudem wird aus der Einteilung in Windphasen auch keine weitere Metrik generiert (z.B. ein angepasster Anstrengungslevel oder ähnliches), sodass die Windmessung zwar ein durchaus interessantes, aber kein wirklich wertvolles Feature des Ace darstellt. Würde ich wegen des Windsensors die zusätzlichen 150 EUR im Vergleich zum Roam 3 ausgeben? Nein.


Das austauschbare Gehäuse.
Für den Ace sind Wechselrahmen in ein paar Farbvarianten erhältlich. Ok, für Rennradfahrer sind farbliche Abstimmungen manchmal sehr wichtig. Dient diese Möglichkeit als Kaufargument für die 150 EUR Aufpreis? Für mich auf keinen Fall.

Die Größe ist einfach…sehr groß
Da der Ace ansonsten all das kann, was der Raom 3 ebenfalls kann (Details im erwähnten Artikel), bleibt ihm als Unterscheidung noch die Größe. Ich bin mit dem Wahoo Bolt 1 groß geworden. Danach hatte ich den Roam 1 und den Roam 2. Ein Radcomputer musste für mich nie größer als diese Geräte sein (2,7“ Bildschirm beim Roam 2).
Beim Anblick des großen Ace stellt sich daher erstmal Unwille bei mir ein: muss das so groß? Und dann das Gewicht! Unter Rennradfahrern ist ein leichtes Rad eins DER Kaufkriterien. Um ihre Räder im Gewicht zu optimieren ziehen Hersteller und Fangemeinden so einige Register. Da passt ein Radcomputer, der 100 g mehr Gewicht als sein kleiner Bruder Roam 3 auf die Waage bringt nicht so ganz ins Konzept.
Zudem kommt der Wahoo Ace mit einer eigenen Lenkerhalterung daher, die aus Aluminium statt aus Plastik gefertigt ist. Wahrscheinlich um den Boliden unter Belastung an Ort und Stelle halten zu können. Gemeinsam bringen die beiden Teile 209 g (Ace) + 60 g (Halterung) auf die Waage. Man sucht in der Verpackung auch vergebens nach dem kleinen Extrahalter, der mit Kabelbinder am Zweitrad befestigt werden kann – wahrscheinlich ist das Teil zu schwach, um den Ace sicher an Ort und Stelle zu halten.


Das erste Mal auf dem Lenker und das Umdenken beginnt
Da ist zunächst die nächste Hürde: auf viele meiner Räder passt der große Wahoo Ace nicht an den Lenker. Beim Redshift Kitchen-Sink Lenker mit Loop ist nicht daran zu denken. Bei meinem Aerolenker kann die mitgelieferte Aluhalterung von Wahoo nicht montiert werden, da sie für einen runden 31,8 mm Lenker gedacht ist, aber die integrierte Carbon-Halterung des Lenkers ist zum Glück lang genug. Also montiert, eingeschaltet und losgefahren.

Und jetzt kommt der überraschende Moment! Kaum rolle ich los und blicke ich auf das 3,8″ Display des Ace, überkommt es mich: „Wie geil ist das denn?“ (öffnet ein Shorty auf Youtube). Die Größe des Displays ist in jeder Hinsicht angenehm.
Um das mit einem Vergleich zu verdeutlichen: Der Wechsel von meinem iPhone 5S zum iPhone XS hat meine Vorliebe für kompakte Geräte verändert, da ich die Vorteile des größeren Displays schnell zu schätzen lernte. Dieses Gefühl erlebe ich auch bei der ersten Fahrt mit dem Wahoo Ace; obwohl er schwerer und sperriger ist als der Roam, gewöhne ich mich schnell daran und vergesse seine Klobigkeit. Das Display bietet einen sehr guten Überblick über die Daten bzw. die Karte. Das Gewicht stört mich bei der Fahrt nicht wirklich. Die Gewöhnung an das größere Gerät geht überraschend schnell vonstatten. Insgesamt macht der Wahoo Ace am Rad eine sehr überzeugede Figur.

Je mehr ich damit fahre genieße ich die in allen Lebenslagen größeren Darstellungen: die Datenfelder sind zwar nicht mehr in der Anzahl, aber eben größer. Viel angenehmer für´s Auge. Die Vorschau auf die gespeicherten Routen ist größer und deutlicher, das Eintippen von Routennamen ist leichter, da die eingeblendete QWERTZ-Tastatur größer ist.
Ich gehöre zu den ein bisschen älteren Menschen, ein gewisses Maß an Altersweitsichtigkeit hat sich in den letzten Jahren eingestellt. Ohne Brille könnte ich selbst den Ace nicht gut ablesen, aber mit der Größe des Ace-Displays ist alles einfacher zu sehen und das kommt mir bei meinem Altershandikap sehr entgegen. Dieser angenehme Größeneindruck verstärkt sich sogar noch, als ich auf den Roam 3 wieder zurückwechsele. Jetzt bin ich fast irritiert darüber, wie klein alles ist. Und wenn ich daran denke, wie ultraminiaturisiert alles beim Bolt 3 sein muss, wird mir ganz anders. Um ein Eindruck gewinnen zu können, hier ein paar Größenvergleichsbilder zwischen Wahoo Ace und Wahoo Raom 3:
Also zum Fazit: würde ich empfehlen, 599 EUR für den Wahoo Ace auszugeben?
Ja, das würde ich. Meine Skepsis gegenüber dem Wahoo Ace hat sich in Begeisterung gewandelt. Ich kann das Gewicht und den klobig wirkenden Umfang nicht wegdiskutieren, aber sobald das Gerät am Lenker sitzt, relativieren sich diese Dinge zugunsten des gigantischen Displays. Und der Komfort, der mit dieser Displaygröße folgt, ist DAS entscheidende Argument für die Mehrkosten des Ace. Windsensor und Wechselhüllen sind nette Gimmicks, aber auch nicht mehr.
Ich will das Fazit aber noch präzisieren:
Für einen Rennradfahrer, dem es auf Gewicht ankommt, wird der Roam 3 die naheliegendere Wahl sein. 100 g mehr den Berg hochschleppen zu müssen sind halt 100 g mehr. Eventuell wird ein Rennradfahrer daher sogar zum Bolt 3 greifen, der nur 85 g wiegt.
Wem das Gewicht nicht als Auswahlprämisse dient und wer vielleicht längere Radtouren/Bikepacking macht, dem sei der Ace mit dem derzeit größten Display am Markt ans Herz gelegt. Das riesige 3,8″ Display ist gerade in der Kartenansicht von unschlagbarem Vorteil. Und die Akkulaufzeit mit 30 h sucht ebenfalls ihresgleichen (sie ist sogar noch viiiel länger, wie ich bei meinem Bikepackingtrip festgestellt hab: YouTube-Short). Meine Praxiserfahrung zur Akkulaufzeit: Bei einer längeren Graveltour neulich lief der Ace lief 10 Stunden am Stück. Die Displayhelligkeit war auf Auto gestellt, die Sprachausgabe für die Navigation war die ganze Zeit über an an, ich hatte fast ausschließlich die Kartenseite an. Der Akku des Ace stand danach auf 78%.
Ich glaube nicht, dass ich der einzige bin, der beim Wahoo Ace skeptisch ist. Neulich wurde ich von einem Einzelhändler gefragt, was ich vom Ace halten würde? Er habe seit Dezember 2024 nur 2 oder 3 Stück davon verkauft. Vielleicht muss es sich ein bisschen rumsprechen, dass Displaygröße bei Radcomputern doch King ist. Ich mache hiermit gerne einen Anfang.
„Meine Skepsis gegenüber dem Wahoo Ace hat sich in Begeisterung gewandelt.“

Zum Abschluss noch ein paar Hinweise/Tipps zum Wahoo Ace
- Der Ace ist wie alle Wahoo-Produkte grundsolide verarbeitet
- Konfiguration über die Wahoo-App, wie bei allen Geräten der dritten Generation, die Elemnt-App hat ausgedient
- Nach dem letzten Update synchronisiert der Ace jetzt auch über die Bluetooth-Verbindung, Wlan nicht mehr erfoderlich
- Wie alle Wahoo-Geräte, kann der Ace scheinbar unbeschränkt viele Routen lagern (ich hab mehrere hundert drauf)
- Er spricht neuerdings deutsch 😉
- Keine Performance-Nachteile gegenüber dem Roam, was hin und wieder zu hören war
- Gegenüber dem Raom 3 zwei weitere Datenfelder bei der Kartenansicht: Temperatur und Windgeschwindigkeit
- Das Touchdisplay funktioniert wie beim Roam 3 auch einwandfrei bei Regen. Lediglich der Windsensor ist nässeempfindlich. Er zeig vorübergehend keine verlässlichen Zahlen mehr an.
- Wer Angst hat, den Ace aufgrund des Touchdisplays beim Supermarkthalt in die Tasche zu stecken, kann sich in diesem YoYoutube-Shorty anschauen, wie schnell man die Touchfunktion blockiert
- Wahoo liefert regelmäßig Software-Updates aus. Für die Wahoo-App als auch für das Gerät selbst. Dadurch sind Verbesserungen wie die deutsche Sprache und differenzierte Abbiegehinweise dazugekommen. Es passieren leider auch ungewollte Effekte. Jetzt habe ich Routen auf dem Ace, die ich nicht selbst erstellt habe und ich kann sie nicht vom Gerät löschen. Ein Zürucksetzen auf dei Werkeinstellungen des Ace und neues Verbinden soll Abhilfe schaffen, bis Wahoo hier nachgebessert hat.
Infos zum Wahoo Ace gibt es natürlich direkt beim Hersteller Wahoo Fitness. Wer noch zögert, sollte beim Händler seines Vertrauens fragen, ob er ihn mal in Händen halten darf. Zum Beispiel in Lilienthal bei Wiegetritt