Rev React, schnellste photochromatische Radbrille

Schnelle Brillen sind im Trend. Man sieht die durchgehenden Scheiben heutzutage quasi überall und bei jedem Alter. Ein viral gegangenes Tiktok-Video hat für den passenden Namen gesorgt: die schnelle Brille. Was ich heute von der Schweizer Firma React auf dem Tisch habe, scheint da noch einen draufsetzen zu wollen: die blitzschnelle Brille oder besser gesagt, blitzschnellste photochromatische Radbrille ever: Radbrille Rev React.

Rev von React, schnellste Radbrille ever

Das Modell Rev ist die Fullframe-Variante von Reacts Brillen mit selbsttönenden Gläsern. Aber halt! Diese Brille tönt das Visier nicht einfach, sondern schaltet es um. In Sekundenbruchteilen. So das Versprechen der Firma. Die Brille kommt in einem weißen viereckigen Karton. Darin befindet sich eine dreieckige Schutzhülle mit der Brille, ein Putztuch-Aufbewahrungsbeutel und eine Anleitung. Das dreieckige Case lässt sich flach zusammenfalten und in die Trikottasche stecken, sollte man beim Stopp in der Eisdiele die Brille sehr geschützt wissen wollen. Wechselgläser liegen nicht bei, die braucht es bei einer Brille mit Helligkeitsveränderung auch nicht.

Die nerdigen Details

Ok, aber wieso muss man bei React 329 EUR auf den Tisch legen? Die schweizer Brille verspricht eine Reaktionszeit auf verändernde Lichtverhältnisse innerhalb von 0,1 Sekunden. Dagegen braucht eine Brille mit herkömmlicher, phototroper Scheibe 15 bis 30 Sekunden, um sich abzudunkeln, also 150-300 mal so lang. Ganz zu schweigen von der Aufhellung, die zwischen 5 und 10 Minuten beansprucht. Die React-Brille schafft das in beide Richtungen innerhalb eines Lidschlags. Möglich wird das durch ein gesteuertes Display: Lichtsensoren im oberen Rand der Brille registrieren die Helligkeit und richten Flüssigkristalle in der Scheibe in drei verschiedene Positionen an.

Und nein, es braucht dafür keinen Akku, denn die niedrigen Ströme, die notwendig sind, werden durch Solarzellen gewonnen. ShadeTronic nennen die Schweizer diese Technologie. Die Brille hat also drei verschiedene Abtönungsstufen, zwischen denen sie in Sekundenbruchteile selbst hin- und herschaltet. Die stärkste Tönung entspricht einer Gletscherbrille (Stufe 4) und die geringste einer leicht getönten, normalen Sonnenbrille (Stufe 2). Ja, sie wird also nie ganz ungetönt (Stufe 0), was phototrope Gläser hingegen schaffen. Aber die Wechselgeschwindigkeit ist das absolute Alleinstellungsmerkmal dieser Brille – eben blitzschnell.

Photochromatische Radbrille
Im oberen Rand sind die 4 Solarzellen bei Gegenlicht gut zu erkennen.

Zudem ist das Display der Brille polarisiert und das Gestell kann in drei (!) Hinsichten dem Träger angepasst werden: die Nasenbügel haben zwei Rasterstufen, die Kopfbügel haben zur Neigung des Displays drei Rasterpunkte und die Bügelenden sind durch einen flexiblen Kern frei justierbar, was insgesamt für eine optimale Anpassbarkeit sorgt. Kein Verrutschen dieser Brille beim Fahren.

Die photochromatische Radbrille von Rev in der Praxis

Es ist ein wettermäßig sehr abwechslungsreicher Herbst-/Wintertag im November, als ich losfahre. Strahlende Sonne, Wolken, Regenschauer. Durchwachsen könnte man das auch nennen. Aber damit auch beste Voraussetzungen, um die Fähigkeiten der Rev auf Herz und Nieren zu testen. Und die photochromatische Radbrille ist nicht enttäuschend – ganz im Gegenteil: sie lässt meine bisherige Radsportbrille (eine Bliz Fusion) ganz schön alt aussehen.

Nicht nur sorgt die polarisierte Scheibe der Rev für eine exzellent klare Sicht, sondern die Brille dunkelt auch in ihrer maximal Stufe so stark ab, dass die Bliz dagegen sehr hell wirkt. Die Schnelligkeit der Brille lässt sich leicht testen, wenn sie erstmal dunkel ist: man muss nur mit der Hand den Lichtsensor beschatten, da springt sie in Nullkommanichts auf hell.

Die photochromatische Radbrille muss schnell sein!

Ok. das bedeutet auch, dass ich den Schirm meiner Radkappe bei blendendem Sonnenlicht nicht herunterklappen kann, denn dann ist sie automatisch im Hell-Modus. Naja, dafür ist sie bei hellem Licht abgedunkelt wie eine Gletscherbrille, vielleicht brauche ich das Sonnenvisier der Kappe nicht länger. Auf meiner Tour fahre ich im Gegenlicht auf eine Autobahnunterführung zu. Bis ich rankomme, liegt der Tunnel in einem kompakten, schwarzen Schatten.

Ich kenne den Tunnel und weiß, dass in der Mitte ein paar kleine Löcher im Straßenbelag sind. Die sind zwar keine echte Gefahr, aber dennoch unangenehm, wenn man sie wegen der dunklen Sonnenbrille nicht kommen sieht. Doch kaum fahre ich in den Tunnel rein, wird dieser schlagartig hell – ich kann jede Unebenheit in der Straßendecke sehen. Wow. Die Technologie beeindruckt mich jetzt wirklich.

Ich werde noch in einen halbwegs kräftigen Wolkenbruch geraten und lasse die Rev dabei auf. Und auch hier punktet sie, denn die Regentropfen stören mich gar nicht so sehr, wie ich das sonst von Sonnenbrillen kenne. Vielleicht hat das mit der polarisierten Scheibe zu tun – ich gucke quasi an den dicken Tropfen auf der Scheibe vorbei.

Also ein absoluter Gamechanger?

Leider nein. Denn ich entdecke auch die Kehrseite der blitzschnellen ShadeTronic Technologie: die Wintersonne steht nicht besondern hoch, die Häuser im Ort erzeugen viele lange Schatten ebenso die Bäume am Wegesrand mit ihren kahlen Ästen. Und genauso schnell wie diese Schatten-Licht-Geflechte über mich dahinfliegen wechselt die photochromatische Radbrille die Dimmstufen. Weil sie es halt kann bzw. muss. Denn die Technologie kennt nicht den verlangsamenden Faktor einer phototropen Brille. Und so entsteht unausweilich ein wildes, nicht kontrollierbares Flackern in der Helligkeit der Scheibe.

So stark diese Funktion zuvor war, als die Lichtverhältnisse nicht so rapide hin- und herwechselten, so nervig wird es jetzt. In Verbindung mit dem Autoverkehr, den teilweise schlechten Straßenverhältnissen und Pfützen, was alles jeweils ein Teil meiner Aufmerksamkeit haben möchte, wird die flackernde Helligkeit der Brille auf einmal zur Belastung. So sehr, dass ich mit einem Seufzer denke, dass die tolle Brille für diese Jahreszeit dann doch nicht das richtige ist. Aber dann fällt er mir ein, ein Lifehack, der die Ehre der Brille retten wird.

Die Brille hat einige Superkräfte, aber diffuse Schatten sind ihr Kryptonit. Mit einem einfachen Kniff konnte ich der Brille über ihre Schwachstelle hinweghelfen.

Der Hack, der die Rev rettet

Mitten im Helligkeitsgeflacker erinnere ich mich, dass der Schirm meiner Mütze die Verdunkelung der Brille verhinderte. Was ich zuvor als Ärgernis erlebte, wird mir jetzt zur Lösung: ich klappe den Schirm herunter und die Brille hört schlagartig auf zu flackern. Sie ist jetzt zwar hell, aber der Schirm hält die vereinzelten Sonnenstrahlen ab und der aufgehellte Modus der Brille stört nicht wirklich. Ich bin tatsächlich sehr erleichtert, denn jetzt mag ich diese ansonsten so überzeugende Brille wieder.

Was man noch wissen möchte

Das polarisierte Glas schafft eine erstaunlich klare Sicht: bei Sonnenschein, beim Blicken auf Wasseroberflächen und nach meinem Empfinden auch bei Regentropfen auf der Scheibe. Jedoch wird es schwieriger, Displays abzulesen. Der Radcomputer ist auf einmal überlagert von Schatten und Regenbogenfarben. Einen leichten solchen Effekt provozieren auch Straßenlaternen bei Dunkelheit.

Die Scheibe der Brille bekommt dann regenbogenfarbene Schlieren, zumindest bei bestimmten Einfallswinkeln des Lichts. Was nicht so schlimm eingetreten ist, wie ich es befürchtet hatte: die hellste Stufe 2 ist ausreichend hell um die Brille auch bei Dunkelheit auf der Nase lassen zu können. Nur wenn man in die absolute Dunkelheit von unbeleuchteten kleinen Feldstraßen fährt, stört die Stufe 2 der Brille. In der Stadt hat man kein Problem.

Wie gut passt die photochromatische Radbrille?

Die photochromatische Radbrille hat Verstellmechanismen und die sind toll, aber sie verstellen sich auch schnell – hatte man die Brille im Helm stecken und sie hin und her hantiert hat, sollte man die Rasterpsoition der Nasen- und der Kopfbügel kontrollieren, sie bleiben selten in der eingestellten Position. Und a apropos Helm. Die Brille muss in den Helm gesteckt werden können (vgl. Rule#39).

Das passt in meinem Fall sehr gut. Am Abus Gamechanger (die erste Version) passt die Brille nicht nur in die vorderen Belüftungsöffnungen, sondern eigentlich noch besser upsidedown in die hinteren – der Gamechanger scheint hier regelrecht eine Garage für die React Rev zu haben.

Die Rev ist in 2 Größen erhältlich, normal und schmal. Ich hab eine eher schmale Kopfform und daher kommt mir die Auswahlmöglichkeit sehr entgegen. Die enganliegendere, schmale Variante sieht nicht nur sehr passend aus, sondern verhindert auch effektiv ungewollte Luftströme hinter der Brille.

Die Vollrand-Fassung (full Frame) gibt es in schwarz oder weiß. Die Scheibe gibt es in vier Farbvarianten: Nova (lila), Sky (blau), Ruby (rot-gold) und Onyx (schwarz-silber). Wer nicht auf full Frame seht, der wird vielleicht mit dem Modell Optray, die dieselbe Scheibentechnologie verwendet, glücklicher (die mit 289 EUR auch ein klein bisschen erschwinglicher ist). Obwohl man sie aus der Fassung herausnehmen kann, kann man die Scheiben nicht einzeln beziehen.

Für Brillenträger gibt es im Zubehörbereich für 39 EUR einen Korrekturclip für Brillengläser.

Und dann noch das vielleicht un-/wichtigste: der Style

Ich habe mich für die Rev black/ruby entschieden, also Fullframe-Version mit schwarzem Rahmen und der rot-goldenen Scheibe. In der Straßensaison 2024 waren weiße bzw. rahmenlose Gestelle mit neuen Farben wie violett oder türkis voll im Trend. Aber der Fullframe ist nicht tot. Und black ist und bleibt beautiful. Auch wenn es nicht der aktuelle Trend ist macht man damit nichts grundsätzlich falsch. Gerade hier in Deutschland, das Land in dem Schwarz (Helme, Hosen, Schuhe, Rennräder) irgendwie immerzu Mainstream ist und bleibt. Die photochromatische Radbrille hat an sich eine definitiv aktuelle Form.

Sie sticht nicht heraus wie die Oakley Kato von Jasper Philipen, sondern hält sich an eine Klassik-Linie, wie sie sich in den letzten 2-3 Saisons mit Brillendesigns wie Oakley Sutro, Julbo Fury, Alpina Bonfire oder Raphas Pro Team Full Frame herausgebildet hat. Mit der Rev setzt Reacto nicht auf das Wagnis von Trendsettertum, sondern auf etablierte, zeitlose Sportiv-Eleganz. Das machen sie gut. Meiner Meinung nach. Aber über Geschmack lässt sich bekanntlich vortrefflich streiten. Daher genug davon.

Empfehlung photochromatische Radbrille ?

Man erhält eine sehr wertige photochromatische Radbrille. Die blitzschnelle ShadeTronic Technologie ist ein Alleinstellungsmerkmal. Und sie funktioniert bei straighten Bedingungen hervorragend. Also klares JA! Aber im Herbst bei wechselhaften Lichtverhältnissen nervt dieses Keyfeature. Also doch eher NEIN!? In Bezug auf Tönungstechniken bei Sonnenbrillen scheint es keine Edge-Technologie zu geben, die nicht mit irgendeiner Downside daherkommt. Mit meinem kleinen Lifehack konnte ich die Schwäche der Schweizer Erfindung korrigieren. Und der Preis? Der relativiert sich, schaut man auf die Konkurrenz. Die Rev ist gerade mal 50 EUR teuer als eine aktuelle Oakley mit Prizm-Gläser. Und für die Herbstsaison mit ihren kurzen Tagen bevorzuge ich die (blitz-)schnelle Brille von React. Bezugsquelle? Direkt im Onlineshop von React.

Radbrille Rev React
React Rev Black/Ruby S

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