Cyclowax verspricht mit ihrem Starter Kit einen leichten Einstieg ins Kettewachsen. Das hat mich neugierig gemacht, denn das Heißwachsen hab ich tatsächlich für kompliziert und umständlich gehalten. Wie es mir mit dem Starter Kit ergangen ist erfährst du in diesem Bericht.
Inhalt

Warum sollte man sich überhaupt für eine gewachste Kette interessieren?

Mich nervte schon lange der schwarze Ölschmodder an meiner Kette. Einmal nicht aufgepasst hat man es an den Klamotten, im Gesicht und an den Händen und bekommt es nur schwer wieder ab. Selbst wer seine geölte Kette sehr pflegt: Öl zieht Dreck an und irgendwann ist der komplette Antriebsstrang schwarz und verklebt.
Als ich auf Wachs umstieg, war das schlagartig weg. Meine Freude war schon deswegen riesig. Dann entdeckte ich, dass die Kette viel weniger verschleißt. Ich konnte die Ketten teilweise 10.000 km fahren, bis sich ein nennenswerter Verschleißgrad einstellte (0,5 auf der Kettenlehre). Das bedeutet auch, dass andere Komponenten weniger verschleißen, also Schaltröllchen, Ritzel und Kettenblätter. Gerade für Letztere wird man beim Wechsel sehr viel Geld los.
Also gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: keine schwarzen Finger mehr und auch noch Wartungsaufwand und Geld gespart.
Später sollte ich noch lernen, dass die gewachste Kette sogar noch Vorteile im Leichtlauf hat, also eine Watteinsparung bedeutet, wenn auch im Marginal Gain Bereich.
Start mit Heißwachs von Cyclowax
Vom Wachsen hatte ich schon oft gehört, aber mich nicht rangetraut. Vom eigenen Topf auf den Herd soll man die Finger lassen, ebenso vom Reiskocher, denn dann bekommt man nicht die richtige Temperatur hin. Und wohin danach mit dem Wachs? Und welches und überhaupt.
Dann erzählte mir ein Radkollege, dass er auf das „heilige Wachsen“ (also im heißen Bad) verzichte und statt dessen einfach nur Flüssigwachs auf seine Kette gebe. Aha. Das hat mich gecatched. Direkt nach diesem Tipp fing ich damit an. Mir blieb natürlich der Aufwand des Säuberns des öligen Antriebstrangs nicht erspart: diverse Lappen, Bürsten, Gefäße, Handschuhe und Klamotten mit der schwarzen Öl-Schmutz-Nitroverdünnungs-Soße eingesaut und dabei stundenlang die giftigen Dämpfe eingeatmet. Aber wo ein Wille ist, ist eben auch ein Gebüsch. Und das Resultat war wie ausgeführt sehr überzeugend.
Als ich mich dem Clean Chain Starter Kit von Cyclowax widme und deren Howto-Videos anschaue, wird mir erzählt, dass sie auch Flüssigwachs im Programm haben, das bei einem schnellen Nachwachsen aufgebracht werden kann, jedoch zöge das Flüssigwachs eher wieder mehr Schmutz an als eine in Heißwachs getauchte Kette. Oha. Jetzt bin ich schon wieder gecatched. Denn meine mit Flüssigwachs behandelter Antriebsstrang sieht wirklich nicht besonders schön aus.

Cyclowax Unboxing und Vorbereitung
Der Karton von Cyclowax kommt modern in Pappkartonoptik daher. Er ist für seine Größe einigermaßen schwer, das wirkt in der Hand schon recht wertig. Außen sind die Vorteile des Wachsens zu lesen: Sauberkeit, Reibungsreduktion, weniger Aufwand, weniger Kosten. Auch sind alle Teile abgebildet, die mich im Karton erwarten. Schon jetzt wirkt das Produkt durchdacht.

Den Karton aufzumachen hat was vom Unboxingerlebnis eines iPhones: alles ist in perfekt ausgetanzten Pappmulden angeordnet, stilvoll beschriftet und macht einfach sofort Spaß beim Auspacken und Entdecken. In der ersten Schicht sind eine fertig gewachste Kette, der „Swizzle-Wire“ zum Aufhängen der Kette und eine große schwarze Wachstablette, die mit ihrem Cyclowax-Aufdruck wie ein anmutiges großes Stück Seife wirkt. Es ist fast zu schade, dass man das schöne Ding wird schmelzen müssen.

Darunter findet man den Wachskocher. Auf seiner Papphalterung ist der Prozess des Umschaltens auf gewachsten Antriebstrang in 5 Schritten aufgedruckt. Cyclowax will einem wirklich die Angst davor nehmen. Das Starter Kit ist so ausgelegt, dass man mit der enthaltenen, fertig gewachsten Kette sofort loslegen kann, nachdem die alte entsorgt und der restliche Antriebsstrang gesäubert ist. Um letzteres tun zu können liegt neben einer Abtropfhalterung noch ein weiterer Karton im Karton: dieser enthält alles, was man für das grundlegende Reinigen der restlichen Komponenten benötig. Im kleinen Kurzanleitungsflyer steht, dass man dafür 1,5 h einplanen solle. Was ich gut finde, denn das ist nicht untertrieben. Nach meinen Vorerfahrungen sollte man mindestens mit dieser Zeit kalkulieren.

Ich bin jedoch in der glücklichen Lage, dass ich bereits gewachst fahre. Ich habe sogar eine neue ungewachste Kette besorgt. Aber als ich meine Kettenlehre in meine aktuelle Kette halte, hat sie quasi keinen Verschleiß. Ich hab sie jetzt 3.250 km drauf. Aber sie wurde stets mit Flüssigwachs behandelt und sieht nicht schön aus.


Also mitsamt dem Ritzelpaket abmontiert und mit etwas heißem Spüliwasser und einer Bürste bearbeitet – danach sehen Kette und Kranz aus wie neu und in der Kette ist nicht das typische Knirschen einer geölten Kette zu hören. Herrlich.

Der Prozess des Wachsbades
Der Wachs-Vorgang ist mit dem Cyclowax-Teilen extrem einfach. Unter den Wachskocher wird eine Gummimatte gelegt (auch im Lieferumfang enthalten). Der Abtropfständer wird unter den Wachskocher geschoben. In den Wachskocher die schöne schwarze Tablette gelegt (es gibt an dieser Stelle kein Grübeln, wie viel Wachs man aus einer Perlentüte nehmen sollte oder umherfliegende Splitter von zu zerbrechenden Wachstafeln) und darauf die auf den Swizzle-Wire aufgefädelte Kette.

Der Swizzle-Wire selbst ist ebenfalls durchdacht: der Draht rutscht dank kleiner Endkappe sehr leicht durch die Kette und das Ende des Drahtes fügt sich anstandslos in den kleinen Griff, sodass sich eine Schlaufe bildet.

Die so vorbereitete Kette auf die Tablette gelegt und den Kocher eingeschaltet. Der Drehschaltet funktioniert nur als Ein- und Ausschalter, auch hier kein Nachdenken über die richtige Einstellung notwendig. So gefällt mir das. Nach genau 10 Minuten schaltet die kleine zuvor rote LED auf grün und die Temperaturanzeige zeigt 95° an.


Kocher auschalten und die Kette am Griff des Swizzle-Wires rausheben und auf die Abtropfvorrichtung gehängt. Nach weiteren 10 Minuten ist die Kette fertig. Das Wachs ist dann fest und man kann die Kette anfassen. Das geht also mit 20 Minuten beeindruckend schnell. Cyclowax behauptet selbst, mit 140 Watt den stärksten Wachkocher auf dem Markt zu haben. Und ich muss sagen, dass diese kurzen 2 x 10 Minuten sehr in das gefällige Gesamtbild des Starter Kits passen.


Ich befreie die Kette vom Swizzle-Wire und breche sie Glied für Glied, bevor ich sie am Rad montiere.

Weitere maximal 10 Minuten später sitze ich auf meinen Rad und gleite mit einem ultimativ leisen und smoothen Antriebstrang dahin. Bei den ersten 3-4 Schaltvorgängen hüpft die Kette noch kurz ein Ritzel zu weit, da die Kette noch etwas steif ist. Aber das ist so schnell weg, dass es nicht der Rede wert ist.
Fazit
Das Clean Chain Starter Kit von Cyclowax (Link zur Herstellerseite) macht einem den Einstieg ins Heißwachsen wirklich leicht. Alle Teile in der schönen Box sind durchdacht und funktionieren exzellent. Alle Dinge sind gut beschriftet und es finden sich mehrere kleine Anleitungen. Es sei dazugesagt, dass alle Texte auf Englisch sind. Cyclowax hat ihr Starter Kit so gestaltet, dass quasi nichts schiefgehen kann. Und das ist es, was für ein insgesamt tolles erstes Erlebnis mit dem Heißwachs sorgt.
„Kette heißwachen? – Eine Sache von 20 Minuten!“
Das Starter Kit kommt zum stolzen Preis von ca. 250 EUR, aber ich würde es uneingeschränkt einem selbst gezimmerten Versuch mit Topf auf dem Herd, fehlendem Abtropfständer und ewigen Recherchen im Internet vorziehen. Außerdem liegt dem Starterkit eine vorgewachste Kette bei, in meinem Fall eine Sram Force AXS 12fach (Einzelpreis ca. 90 EUR).
Wer vergleichen will, sollte sich den Test des Optimize Ultraschall Wachskochers meines Kollegen Andi anschauen.


Tipps Kettenwachs
- Das Entfetten eines alten Antriebsstrangs ist wirklich nicht schön. Daran ändern auch die kleinen Bürsten, Mittelchen, Tücher und Handschuhe des Sets nicht. Daher sei empfohlen, die Fälligkeit der geölten Kette abzuwarten, diese dann sofort zu entsorgen und in dem Zuge auch ein neues Ritzelpaket zu besorgen, was meistens ohnehin gemacht werden muss. So verbleiben nur noch die Kettenblätter und Schaltröllchen, die gesäubert werden müssen. Happy Days.
- Ein Heißgewachster Antriebsstrang hält länger als ein mit Flüssigwachs behandelter und soll angeblich nicht so viel Schmutz anziehen. Mit einem Set wie das von Cyclowax ist das Heißbad wirklich ein Kinderspiel und in ca. 30 Minuten erledigt (inklusive Demontage und Montage der Kette).
- Wer gezwungenermaßen sehr viel bei Regen fahren muss und das auch im Winter bei gestreuten Straßen sollte eventuell von Wachs absehen, denn viel Nässe ist das Kryptonite des gewachsten Antriebstrangs und bei Salz kann man Rost am Antriebsstrang quasi nicht verhindern. Cyclowax empfiehlt, nach jeder Regenfahrt sofort die Kette zu trocknen und anschließend nachzuwachsen. Im Winter wäre mir das beim Pendeln zu aufwändig. Daher habe ich für die nasskalte Jahressaison die Komponenten meines Öl-Antriebs aufgehoben und rüste entsprechend zurück.
- Wer auf Radreisen ist und unversehens in Regen gerät, sollte ein Fläschchen Flüssigwachs mitführen.
- Das Cyclowax Clean Chain Starter Kit kann mit unterschiedlichen Ketten gekauft werden, je nachdem, welchen Antriebstrang man fährt. Das ist wirklich sehr durchdacht und kundenorientiert. Also Augen auf, beim Kauf des Kits.
- Man kann das Starter Kit auch mit der weißen Wachstablette ordern, die eher auf Endurance ausgelegt ist. Die hier gezeigte schwarze Tablette ist für Performance ausgelegt.
- Wer eine neue, nichtgewachste Kette liegen hat: die Kette einfach in ein Gurkenglas mit etwas Nitroverdünnung aus dem Baumarkt (6 EUR) gelegt, kurz geschüttelt und fertig ist eine komplett entfettete Kette, die ready für das Wachsbad ist, das dann nicht mit irgendwelchen Additiven verunreinigt werden muss.

20 Minuten!