Die GFNY Radrennen werden weltweit an über 30 Orten ausgetragen. Andi hat mit Uli Fluhme, dem Gründer von Gran Fondo New York und Sören Kreitmeyer vom Bremer Radsportverband gesprochen und erfahren, warum zwischen New York, Miami, Bali, den Bahamas und Pittsburgh die Hansestadt Bremen auf dem Lineup 2025 steht.
Inhalt
GFNY veranstaltet ein Radrennen Bremen
GFNY Bremen ist sicher das top Ereignis für Radsportler in der Metropolregion Nordwest. Die Bremer könnten damit sogar die Cyclassics in Hamburg in den Schatten stellen. Veranstaltet wird das Rennen von Uli Fluhme. Seit 2008 lebt der gebürtige Deutsche in USA. Um seinen Traum zu verwirklichen, hat er seinen Job als Jurist für eine Schweizer Bank an der Wall Street aufgegeben.

Interview mit Uli Fluhme
Andi: Super, dass du dir Zeit genommen hast um mit mir über Gran Fondo New York zu sprechen. Erzähl, wie hat Gran Fondo New York angefangen?
Uli: Erstmal vielen Dank für die Möglichkeit bei euch im Rennrad Blog über GFNY sprechen zu können. Meine Frau Lidia und ich haben an einem Rennen in Norditalien teilgenommen. Da waren 800 Fahrer, 141 Kilometer und steile Anstiege. Diese tolle Atmosphäre wollten wir mit nach New York nehmen. Bei uns gab es bis dahin zwar Kriteriumrennen und Rundkurse, aber keine Granfondos, wo das gemeinsame Erlebnis zählt.
Unser erstes Vorhaben war gleichzeitig die größte Hürde: Die George Washington Bridge für unser Radrennen zu sperren. Aber was wäre ein Gran Fondo New York, der nicht an diesem weltbekannten Punkt startet? Wir haben es geschafft und 1.900 Fahrer waren dann beim ersten GFNY in 2011 dabei.
Inzwischen sind es über 30 Rennen in 15 Ländern rund um den Globus. Eigene Trikots und individuelle Coachingangebote gehören heute dazu. Lidia, die selbst Triathletin und mehrmals IronMan mitgemacht hat und mir ist es sehr wichtig, dass nicht nur die Strecken sondern auch die Organisation für die Teilnehmer unserem hohen Anspruch an Qualität gerecht wird und wir keine Kompromisslösungen eingehen. Weil es auch abseits der Rennteilnehmer die Frage nach unserer Bikewear gibt, haben wir auch einen Onlineshop.

Andi: Spannend, was aus der Idee, die italienische Rennkultur nach New York zu bringen, geworden ist. Sag mal, was war das spektakulärste Rennen bisher?
Uli: New York City ist immer spektakulär, insbesondere das erste, weil es Neuland war. Nicht nur für uns war das neu, sondern für auch New York City und die ganze USA. Oder letztes Jahr, als wir das GP NYC Profirennen auf derselben Strecke ausgetragen haben, nur 10 Minuten vor den Amateuren. Das war ein nervenaufreibendes Erlebnis und eine fantastische Weltpremiere. So etwas hat es noch nie gegeben.
Andi: Ok, New York steht außer Konkurrenz. Welche Stadt oder Region bleibt dir für immer in Erinnerung?
Uli: Es ist nicht nur ein Ort. Schau, das Rennen durch die Straßen Jerusalems war unglaublich einzigartig. Als ich sah, wie Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur für das GFNY gesperrt war, bekam ich im Führungsfahrzeug zwischen den Wolkenkratzern Gänsehaut. Oder die Leidenschaft der kolumbianischen Radfahrer, die den 3.400 Meter hohen La Cuchilla erklimmen. Sowas sollte jeder Radsportler einmal erleben.

Andi: Ich glaube, du könntest noch drei Stunden von tollen Orten und einzigartigen Erinnerung erzählen. Welche Stadt ist der Höhepunkt jedes Jahres?
Uli: Auch NYC, ohne Zweifel. Es ist die Weltmeisterschaft des GFNY und das Rennen, mit dem alles begann. Es ist das internationalste Radrennen der Welt auf einer Strecke, die so ist, wie New Yorker eben sind: voller Charakter, unvorhersehbar, hart und doch erfreulich.
Andi: Wie viele Teilnehmer sind weltweit bei den mehr als 30 Rennen pro Jahr.
Uli: Insgesamt nehmen bei allen Rennen in allen Ländern etwa 30.000 Radsportler teil.
Andi: Wenn ich auf deine Landkarte schaue sehe ich in Amerika, Europa und einen kleinen Punkt in Asien. Es ist unglaublich, wo überall die Rennen stattfinden. Da sind viele Länder, wo ich das Gefühl habe, es ist nicht einfach, mal eben ein Rennen zu organisieren. Damit meine ich jetzt nicht die Bürokratie in Deutschland. Was sind die Schwierigkeiten, mit denen du kämpfst? Behörden in Bali sind andere als in Deutschland? Was sind die lokalen Besonderheiten, z.B. Sicherheit der Radfahrer, Sperren der Straßen?
Uli: Die Genehmigungen für die Durchführung eines Rennens zu bekommen, ist immer das Schwierigste. Für jedes GFNY, das du siehst, gibt es zehn, die nicht stattfinden. Es braucht eine Gastgeberstadt, die das Rennen wirklich will, damit es Gestalt annimmt. Es gibt keine Veranstaltung ohne Herausforderung, das ist aber selbstverständlich. NYC ist selbst nach 156 Jahren die komplizierteste Stadt. Die Vorbereitung der Sperrung der weltweit verkehrsreichsten Brücke und einer Strecke im Großraum New York City dauert über ein Jahr. Allein das kostet mehr als eine Million Dollar. Zum Vergleich, das sind die Gesamtkosten von drei Etappen bei der Tour de France.

Andi: Das steckt ja eine unglaubliche Organisation dahinter. Wie läuft die Planung vor Ort und mit wem stellst du und Lidia das alles auf die Beine?
Uli: Einige der GFNYs sind sogenannte Hauptquartierrennen, die von unserem Team organisiert werden. Das gilt zum Beispiel für unsere US-Rennen. Dann gibt es noch die Franchise-Rennen, die einem lokalen Veranstalter mit eigenem Team unter unserer Leitung laufen. An den gesamten GFNYs arbeiten das ganze Jahr permanent etwa 100 Personen. In den Rennwochen steigt diese Zahl auf 100 bis 500 pro Rennen.
Andi: Das ist sehr viel und ich bin mir sicher, das ist ein sehr anstrengender Job, der gleichzeitig sehr viel Spaß machen muss. Wie ist das Engagement der Teilnehmer und die Werbung in den Ländern oder Regionen? Bremer, ich sage es vorsichtig, sind medial eher zurückhaltend.
Uli: Wie alle anderen nutzen wir Soziale Medien und E-Mail-Newsletter um zu teilen, worum es bei GFNY geht. Was GFNY auszeichnet, ist unser Fokus auf Gruppenfahrten. Schon vor der ersten Ausgabe haben wir wöchentliche Gruppenfahrten in New York City organisiert, um unsere Fahrer auf das Rennen vorzubereiten. 2010 gab es das bei keiner anderen Veranstaltung. Seitdem sind wir dabei geblieben und versuchen das bei allen GFNYs umzusetzen.
GFNY wäre nichts ohne die Radsportler.
Uli Fluhme
Community ist ein Marketingbegriff, der heutzutage oft verwendet wird, aber aus gutem Grund. Unsere GFNY-Community ist etwas, auf das wir uns seit den Anfängen 2010 konzentrieren. Während das bekannteste Motto von GFNY „Sei ein Profi für einen Tag“ ist, lautet das ursprüngliche und immer noch verwendete Motto „La corsa la fanno i corridori“ (Anm. Die Rennfahrer machen das Rennen). Es stammt aus dem Rennsport der 1950er Jahre, als klar wurde, dass jedes Rennen so hart ist, wie die Fahrer es gestalten.
Aber für uns ist es nicht nur das: GFNY wäre nichts ohne die Radsportler, GFNY sind die Radsportler. Unsere Fahrer vertrauen darauf, dass wir großartige Erlebnisse bieten, daher reisen viele von ihnen um die Welt, um an verschiedenen GFNYs teilzunehmen und Medaillen als mehrfache Finisher zu gewinnen. Wir sehen bei GFNYs weltweit dieselben Gesichter, das erfüllt uns mit großer Demut.

Andi: In Asien und Afrika gibt es keine GFNY, in Australien auch nicht. Warum nicht?
Uli: Bali liegt in Asien und wir haben bereits andere Rennen in Indonesien, den Philippinen und Malaysia veranstaltet. In Zukunft werden weitere in Asien und schließlich auch in Australien stattfinden. Es geht zurück auf das, was ich vorhin sagte: Vieles muss zusammenpassen, damit ein Rennen stattfinden kann. Die Pandemie hat uns damit zurückgeworfen, in vielen Regionen Asiens mussten wir danach wieder von vorne anfangen.
Ein GFNY wird nicht zusammengeschustert. Es braucht ein Jahr Planung. Und das ab dem Zeitpunkt, an dem das Rennen bereits genehmigt wurde. Das bedeutet, ich arbeite heute, im März 2025, an neuen Veranstaltungen für Mitte 2026 bis Ende 2027. Wir kündigen aber immer noch neue Rennen für 2025 an, da die Arbeit hinter den Kulissen bereits viele Monate läuft.
Andi: Wenn die Vorbereitung so lange dauert, was sind die Kriterien, nach denen die Regionen und Strecken aussuchst?
Uli: Es hat keinen Sinn, ein GFNY irgendwo zu veranstalten, wo es kein echtes Interesse und damit nur wenig Motivation einer Unterstützung gibt. Deshalb finden GFNYs in erster Linie dort statt, wo sie erwünscht und unterstützt werden. Unsere Aufgabe ist es, diese magischen Orte zu finden. Sobald wir diese gefunden haben, ist eine sichere und praktikable Strecke der nächste Schritt. Es gibt aber leider Orte auf der Welt, wo das einfach nicht möglich ist.
Andi: Was hat dich zu Bremen gebracht? Warum nicht Metropolen wie München oder Berlin?
Uli: In Bremen haben wir eine großartige Unterstützung für GFNY erfahren. Ich denke, Bremen ist der ideale Gastgeberort. Nicht zu groß, nicht zu klein. Und Bremen ist ein sehr attraktives Ziel für unsere globale GFNY-Community.
Sören: Als Bremer Radsportverband sehen wir in diesem Event eine fantastische Gelegenheit, den Radsport in unserer Region weiter zu stärken. Wenn wir es schaffen, aus diesem Event zusätzlichen Nutzen zu ziehen und mehr begeisterte Sportler in unsere Vereine zu bringen, können wir dafür sorgen, dass der Radsport wieder mit einer breiten Basis gestärkt dasteht.
Uli: Unser Ziel bei GFNY ist es, eine Veranstaltung in der Nähe jedes Rennradfahrers auf der Welt zu veranstalten. Ein großartiges GFNY ist immer eine Kombination aus vielen Faktoren, klar kein Event bietet alles. Wir haben Rennen an legendären Anstiegen wie L’Alpe d’Huez oder Grand Ballon, in Top-10-Reisezielen wie Bali, Punta Cana oder Punta del Este, in Regionen mit der größten Radsportbegeisterung wie der Toskana oder Cundinamarca und an kulturell vielfältigen Orten wie Jerusalem oder Miami absolviert. Und es gibt noch viele Orte, an denen wir gerne ein GFNY sehen würden.
Andi: Ich kenne die Gegend und bin mir sicher, das Rennen hier wird ein Erfolg, weil die Streckenführung sehr schön ist. Von welchem Locations träumst du oder anderes gesagt, wo möchtest du unbedingt noch GFNY veranstalten?
Uli: Ich hatte drei Jahre lang an einem GFNY in Kuala Lumpur gearbeitet, was durch die Pandemie verzögert und unterbrochen wurde. Aber letztendlich haben wir es geschafft. Nach New York City war das mein größtes Traumrennen. Ein Rennen durch eine asiatische Metropole wie Kuala Lumpur ist unglaublich.
Ein anderer GFNY, der bisher ein Wunschtraum war: Vor ein paar Jahren plante ich ein Rennen von Rom nach Siena. Das wäre absolut spektakulär. Stelle dir ein World-Tour-Rennen an der Spitze vor und danach ein Granfondo-Race. Für mich ist nichts vergleichbar mit Rennen in Italien. Nur wenige Nationen sind so extrem leidenschaftlich im Radsport und verstehen den Sport so gut wie die Italiener. Und sie haben eine Landschaft, die für Radrennen wie geschaffen ist. Es ist das, was wir „Disneyland des Radsports“ nennen, wie unser GFNY in Pistoia am 6. April.

Andi: Was ist der größte Showstopper für neue Austragungsorte?
Uli: Ich denke, ein Straßenrennen mit einer rollenden Sperre von 15 Minuten ist es meist ein machbares Unterfangen. 190 Kilometer für vier oder fünf Stunden für einen Grandfondo zu sperren ist nicht überall möglich. In Bremen wurde uns hierfür eine tolle Unterstützung angeboten. Die Infrastruktur und Zugeständnisse gibt es leider nicht überall.
Andi: Uli, Sören nochmals vielen Dank für eure Zeit. Wir alle, die hier bei bergauf.cc schreiben, finde es total gut, dass die Stadt Bremen diese Möglichkeit für ein GFNY gibt.
Sören: Wir freuen uns riesig darüber, dass sich der Veranstalter für Bremen entschieden hat und die Stadt dieses großartige Event unterstützt. Wir sind bereit, allen Teilnehmern die schönen Seiten von Bremen und Umgebung zu präsentieren und freuen uns auf ein unvergessliches Event!
Uli: Es macht uns, hier in NYC sehr viel Spaß, mit den Leuten in Bremen zu arbeiten. Das wird toll! Jeder der kann, sollte auf jeden Fall dabei sein, zum Mitfahren oder Anfeuern. Wir sehen uns!
Im Podcast Business of Cycling erzählt Uli, wie er die Kultur des italienischen Radrennens nach New York gebracht hat.
Anmelden beim GFNY Bremen
Die Strecken in Bremen sind 60 und 110 Kilometer im Süden von Bremen. Auf der langen Strecke werden die Altersklassen und Gesamtplatzierungen gewertet. Wer unter den schnellsten 10 % über die Zielline fährt, erhält automatisch die Qualifikation für das GFNY World-Event. Bis 01. April können sich Radsportler noch für das GFNY Bremen anmelden. 89 Euro kostet die Registrierung zur Langen und Mittleren Distanz. Dazu gibt es ein Trikot und andere Goodies. Ein Ticket mit VIP Vorteilen inklusive Lounge und Blick aufs Podium liegt bei 289 Euro.
Die Strecke GFNY Bremen
Das Gespräch war in englisch, der Text wurde von Andi für diesen Artikel auf Deutsch übersetzt.